Nach unserem spontanen Trabi-Urlaub 1997 an den ungarischen Balaton haben die Mitglieder des Trabant-Club Mühlhausen e.V. beschlossen, dass man eine neue Herausforderung für 1998 braucht. Irgendwer hatte -mehr oder weniger aus Spaß- "Bulgarien!" gesagt, und so kam es, dass bereits im November`97 der Reisezeitpunkt fest stand.
Am 25.7.98 um 4:30 Uhr war es dann endlich soweit: Zwei 601er und ein 1.1er Trabant mit 5 Mitgliedern des Mühlhäuser Trabi-Club's und einem Mitglied des Partner-Club's aus Edersleben trafen sich vor der ELF-Tankstelle in Mühlhausen um das letzte mal deutsches Benzin zu tanken. Nach einem Käffchen ging es dann endlich los. Wir erreichten die tschechische Grenze noch am Vormittag und fuhren dann erst mal bis zum Mittag. Nach leckerer Büchsensuppe auf einem Autobahnparkplatz ging es dann weiter Richtung Süden. Ohne irgendwelche Schwierigkeiten durchquerten wir auch die Slowakei und fuhren nach Ungarn. Dort fuhren wir bis es dunkel wurde. Als dann noch ein Unwetter aufzog, beschlossen wir auf einem Rasthof in unseren Dachzelten bzw. im Auto zu übernachten. Bis hier hin sind wir knapp 1000 km gefahren.
Nach dem Frühstück am nächsten Morgen ging es dann ca. um 11:00 Uhr weiter. Jetzt ging unsere Tour immer Richtung Rumänien. Kurz vor der Grenze die erste kleine Panne. Mein Keilriemen war gerissen. Da aber alle Hunger hatten, konnten wir die Wartezeit sinnvoll zum Mittagessen nutzen.
Die ersten Hinweisschilder kündigten jetzt bereits rumänische Orte an. Dann war es soweit - die Grenze zu Rumänien. Niemand wusste, was uns wirklich erwartete. Was hatten wir doch schon alles über dieses Land gehört. Doch nach relativ kurzen Passkontrollen und dem Kauf der Visas "durften" wir endlich in das Land. Kurze Verwunderung verursachten unsere Dachzelte bei einem Grenzer, der unbedingt sehen wollte, was wir auf unseren Dächern umherfuhren. Nach ein paar nachdenklichen Blicken meinte er dann aber doch: "Ahh - Go Trabi Go !" Wir bestätigten seine Vermutung, stellten unsere Uhren eine Stunde vor (Südosteuropäische Zeit) und fuhren weiter.
Wir hatten uns nicht die größeren Transit-Straßen ausgesucht, sondern einen etwas kleineren Grenzübergang. Etwa 50 km weiter die nächste Panne. Der andere 2-Takter machte Probleme. Der Kupplungsautomat. An so etwas hatten wir natürlich nicht gedacht. Gerade als wir das festgestellt hatten, hörten wir ein bekanntes Motorengeräusch: Ein Trabi? - Hier? Der junge Fahrer hielt auch gleich an, holte seine Werkzeugtasche raus und half uns. Als wir den kompletten Motor ausgebaut hatten, bewahrheitete sich unser Verdacht - Nicht nur die Kupplungsscheibe hatte Schaden genommen sondern auch der Automat. Kein Problem meinte unser neuer rumänischer Freund. Nach dem wir einen Neuen aus seiner Garage geholt hatten, begannen wir mit dem Einbau. Es war bereits dunkel und so einerlei war es uns auch nicht - mitten in der Nacht in Rumänien - links Straße, auf der hin und wieder ein Auto bzw. Pferdewagen fuhr oder jemand seine Kühe nach Hause trieb und auf der rechten Seite dunkler Wald.
Als wir fertig waren, beschlossen wir noch bis zur nächsten größeren Stadt zu fahren um dort zu schlafen. Es waren gut 120 km, doch da wir fern ab der Europa- und Transit-Straßen waren zeigte sich uns das wahre Rumänien. Alle Arten von Haustieren laufen mitten über die Straße. Hunde, Pferde, Kühe, Hühner, Gänse... mit allem muss man auf diesen Wegen rechnen. Unbeleuchtete Pferdewagen, Autos und selbst LKW`s ohne funktionierende Rücklichter sind hier keine Seltenheit und die Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h (für Autos bis 1.1 ccm) erreicht man aufgrund schlechtester Straßenverhältnisse nur selten.
Nachdem wir endlich unseren Zielort erreicht hatten, suchten wir uns eine kleine beleuchtete Tankstelle zum Übernachten. Am nächsten Morgen stand auch prompt eine alte Frau vor unseren Autos und wollte 10 DM Parkgebühr. Man merkte auch hier wieder genau, wo man war. Am Abend erreichten wir das auf das wir uns schon alle freuten - Die Grenze nach Bulgarien. Keiner ahnte was uns hier erwarten würde: Zunächst kamen irgendwelche Leute auf uns zu, und erklärten uns, wo wir was machen sollten. Später stellte sich raus, dass sie für diese "Dienstleistung" auch Geld wollten. An mehreren Stellen zockte man uns förmlich ab. Ausreisegebühr, Gebühr für die Nutzung der Brücke nach Bulgarien, Ökologie-Gebühr (?), Desinfektion... Für alles wollten die rumänischen Grenzer Geld haben. Dann die bulgarische Seite. Hier sind wir auch einiges Geld losgeworden, aber die größten Probleme gab es mit der grünen Versicherungskarte. Auf einer stand das genaue Kennzeichen nicht mit drauf und auf der Anderen stand ein anderer Versicherungsnehmer. Wie kann nur einem Grenzer der weder Deutsch noch Englisch spricht erklären, dass Fahrzeughalter und Versicherungsnehmer nicht identisch sein müssen! Nach gut zwei Stunden waren wir dann endlich wirklich in Bulgarien. Es war nun schon dunkel und so konnten wir die ersten Eindrücke vom Zielland nur so genießen. In einer kleinen Bar tauschten wir dann unsere ersten paar-tausend "Klimperlinge" für ein paar Mark ein.

Weiter ging unsere Tour immer Richtung Süden. Als gegen 2:00 Uhr die Müdigkeit über uns kam, schlugen wir unsere Dachzelte auf einem abgeernteten Feld auf und schliefen erst mal richtig aus. Nach dem Frühstück ging es dann immer weiter "Richtung Wasser". Irgendwo zwischen Varna und Sonnenstrand führte unsere Route direkt am Schwarzen Meer vorbei. Als wir mit unseren Autos auf einmal direkt am Strand standen, sprangen wir sofort aus den Autos, in die Badesachen und anschließend ins Wasser (immer über 25°C). Nach diesem kurzen Aufenthalt ging es dann weiter nach Sonnenstrand. Jetzt sind wir bereits 2500 km gefahren. Hier wollten wir uns eigentlich einen günstigen Zeltplatz direkt am Wasser suchen. Als wir uns aber zwei "Campingplätze" ansahen, die unglaublich teuer waren und keinerlei Komfort wie z.B. fließend Wasser hatten, standen wir erst mal da und waren auf alles und jeden sauer. Keiner wusste, wo man die bevorstehende Nacht verbringen sollte. Jemand fuhr dann los, um zu schauen, was eigentlich so ein Hotel kosten würde. Kaum bei einem Hotel angekommen, wurden wir schon von einem Taxifahrer angehalten, der scheinbar sah, dass wir Unterkunft suchten. Er fuhr zwei von uns gleich kostenlos in eine kleine Pension im Nachbardorf. Dort bekamen wir auch zwei wunderbare Apartments, sogar mit Blick aufs Meer.

Ein Trabi fällt übrigens in diesem Land kaum auf, da noch ein paar davon herumfahren, aber die verwunderten Blicke von ein paar deutschen Touristen mit den Worten "Guck mal, die haben ja deutsche Kennzeichen" werden wir wohl nicht so schnell vergessen. Als wir dann einen Ausflug in die Altstadt von Nessebar machten, musste ich erst mal einen total runtergekommenen Trabi fotografieren. Da kam schon der Besitzer auf mich zu und fragte ob ich nicht mal für 10.000 Lewa (10 DM) Trabi fahren möchte. Ich konnte ihm bestimmt nicht klarmachen, dass wir von Deutschland aus mit so einem Auto hierher kamen.

Nach 'ner guten Woche ohne einer kleinen Wolke am Himmel und mit fast immer 40°C (also ideales Badewetter) machten wir uns dann auf den Heimweg, der eigentlich ohne größere Pannen verlief. Ein Problem hatten wir aber noch in Bulgarien, ein 601er Motor machte Probleme. Nach längerem Suchen sahen wir, dass ein Bolzen am Zylinderfuß samt Mutter abgerissen war. Die neue Mutter hielt aber mit 1-2 Gewindegängen noch bis nach Hause. Auch für die Heimfahrt brauchten wir wieder über 3 Tage und erreichten nach insgesamt fast 5000 Trabantkilometern wieder das heimatliche Mühlhausen. Alle Autos die bei dieser Tour dabei waren, erkannte man an einem Aufkleber in der Heckscheibe auf dem alle durchquerten Länder aufgezählt waren (D->CZ->SK->H->RO->BG).
Trotz allem Stress, aller Strapazen und der Tatsache, den halben Urlaub im Trabant verbracht zu haben, sind wir sicher, dass sich dieser "Trip" wirklich gelohnt hat. Wir haben es auch geschafft zu beweisen, dass man immer noch das Schwarze Meer im Trabant erreichen kann - ganz wie früher!
Jedes Auto hat ca. 350 Liter Benzin (die 601er natürlich Super verbleit) verbraucht und die 2-Takter jeweils sogar noch über 7 Liter Öl. Man kann also sagen, dass bei dieser Tour ca. 1 Tonne Kraftstoff verbrannt wurde. 93 Pferde wollen nun mal "gefüttert" werden!
Zu dem rumänischen und bulgarischen Tankstellennetz noch folgende Infos:
Es ist völlig ausreichend (es gibt fast genauso viele Tankstellen wie in Deutschland). Allerdings sollte man nicht bei kleineren freien Tankstellen tanken. Wir haben mehrfach die Zündkerzen gewechselt und die Benzinfilter gereinigt. Auch bleifreies Benzin ist inzwischen an ca. 75% der Tankstellen zu haben. Bei Markentankstellen ist es selbstverständlich. Es gibt ein etwas weitmaschigeres Netz von Markentankstellen z.B. "Shell", wo es keinerlei Probleme mit dem Benzin geben sollte (allerdings gibt es die nur an den Transit-Straßen). Im Sommer `98 haben wir für den Liter Super Verbleit mit 98 Oktan zwischen 70 und 80 Pfennig bezahlt. Grundsätzlich kann man sagen, dass man überall Benzin bekommt. Wir hatten pro Auto einen 10l Reservekanister mit, den wir aber nicht gebraucht hätten, wenn wir immer rechtzeitig getankt hätten. Bei einem Tankvolumen von nur 26 Litern spricht dass ja wohl für sich ...
Christian Jenak